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Neues Verfahren bei der Verbrennung von Gasen
Mit einem völlig neuen Ansatz entwickelt der Lehrstuhl für Strömungsmechanik an der TU Berlin ein Verfahren, das die Verbrennung in Gasturbinen den Anforderungen einer modernen Energiepolitik anpasst: Bei geringerem Ressourcenverbrauch soll eine höhere Effizienz erreicht werden. Gleichzeitig werden Gasturbinen für die Verbrennung alternativer Rohstoffe fit gemacht. Dieses Vorhaben wurde nun auch von der EU mit großzügigen Fördermitteln ausgezeichnet. Das Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik arbeitet seit einigen Jahren daran, die bisher nur schrittweise Effizienzsteigerung in Gasturbinen voranzutreiben. Es geht um die Entwicklung eines Verfahrens, das effizient und umweltschonend Strom erzeugt. In den Fokus rückte dabei der Prozess der nassen Verbrennung, bei dem Wasserdampf in den Brennprozess hinzugefügt wird. Dieser Ansatz ermöglicht nicht nur eine deutliche Effizienzsteigerung und damit eine schonende Nutzung der begrenzten natürlichen Ressourcen, sondern minimiert auch die entstehenden Schadstoffemissionen. Außerdem kann fast jeder Brennstoff genutzt werden – von Erdgas bis hin zu Biogasen und wasserstoffhaltigen Brennstoffen. In einer Diplomarbeit an unserem Lehrstuhl wurde 2008 erstmals nachgewiesen, dass dieses Vorgehen theoretisch machbar ist. In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass eine Zugabe von Dampf oder Wasser möglich ist, ohne dass die Flamme erlischt, und dass damit die Emissionen drastisch gesenkt werden (Abb. 2). Das Projekt wurde nun mit dem renommierten „ERC Advanced Grant 2009“ des Europäischen Forschungsrates (European Research Council, ERC) ausgezeichnet und wird in den kommenden fünf Jahren mit 3,2 Mio. € gefördert. Die Arbeitsgruppe um Professor Paschereit wird mit diesen Mitteln in den kommenden Jahren an der Entwicklung eines Prototyps der neuartigen Gasturbinen arbeiten.
Der bisherige Stand
Gasturbinen spielen in der heutigen Energieproduktion eine entscheidende Rolle. Obwohl weltweit an ihrer Weiterentwicklung gearbeitet wird, können mit konventioneller Gasturbinentechnologie heutzutage nur inkrementelle Steigerungen im Wirkungsgrad erreicht werden. Selbst diese verursachen diverse technische Probleme, die von komplexen Kühlungssystemen bis zu notwendigem Hightech-Material reichen, da immer höhere Verbrennungstemperaturen benötigt werden. Mit der ansteigenden Verbrennungstemperatur steigt auch der Ausstoß an Emissionen. Die derzeitig in Kraftwerken und der Industrie verwendeten Gasturbinen sind bisher nicht in der Lage, das bei der Verbrennung entstehende Treibhausgas CO2 ohne hohen Energieaufwand abzutrennen, so dass nach wie vor der Widerspruch zwischen einer energiesparsamen und gleichzeitig schadstoffarmen Gasverbrennung besteht. Zudem vermag die derzeitige Technik nicht, auf saubere Art wasserstoffreiche Brennstoffe aus Biomasse oder Kohlevergasung zu nutzen, da bei der Verbrennung von Wasserstoff in der Luft hohe Stickoxidemissionen (NOx) entstehen. Stickoxide sind giftige Gase, die u.a. für den sauren Regen verantwortlich sind. Deshalb ist die Menge, die emittiert werden darf, stark reglementiert. Bisher existiert noch keine Technologie, die Wasserstoff in Verbindung mit Luft sauber verbrennen lässt.
GREENEST
Das Projekt GREENEST (Gas Turbine Combustion with Reduced Emissions Employing Extreme Steam Injection) ist für die effektive und schadstoffarme Energieversorgung der Zukunft von großer Bedeutung. Mit GREENEST soll am Lehrstuhl für Experimentelle Strömungsmechanik eine neue Verbrennungstechnologie untersucht und entwickelt werden, die auf der Eindüsung großer Mengen von Wasserdampf basiert. Dieses Vorgehen ist absolut neu und umgeht viele Probleme herkömmlicher Gasturbinen: Das Hinzufügen von Wasserdampf in den Verbrennungsprozess ist zwar eine bekannte Methode zur Schadstoffreduktion, die bislang allerdings nur sehr begrenzt nutzbar war, weil die Flamme trotz des hinzugefügten Wasserstoffes nicht verlöschen darf. Üblich ist deshalb eine Dampfrate von nicht mehr als 10 % der gesamten Luftmasse in Gasturbinen. Im Prozess der ultranassen Verbrennung von GREENEST sind um ein Vielfaches höhere Dampfraten möglich. Wegen der hohen Wärmekapazität des Dampfes kann die Effizienz der Gasturbine enorm gesteigert werden, ohne dass die Verbrennungstemperatur erhöht werden muss, wie dies bei konventionellen Gasturbinen der Fall ist. Zusätzlich ist der Dampf sehr gut für die Kühlung der Turbine geeignet. Weil die Wärme des Abgases nicht verloren geht, sondern für die Erzeugung des Dampfes genutzt werden kann, wird die Effizienz weiter gesteigert. Bisher musste dafür zusätzlich zu der Gasturbine ein deutlich größerer und komplexerer Dampfkreislauf gebaut werden – sogenannte Gas- und Dampfkraftwerke (GuD). Bei der ultranassen Verbrennung sind diese beiden Prozesse in eine Maschine integriert, die nicht nur deutlich effizienter arbeitet, sondern auch einfacher zu bauen und zu betreiben ist. Damit kann die Effizienz der Gasturbine um bis zu 15 % erhöht und der Ressourcenverbrauch drastisch reduziert werden. Zusätzlich hat der Wasserdampf einen chemischen Effekt: Er unterdrückt stark die Bildung von Stickoxid-Emissionen. Konventionelle Gasturbinen können nur etwa die Hälfte der komprimierten Luft für die Verbrennung verwenden, da sonst die Emissionen zu stark ansteigen. In der mit GREENEST entwickelten Gasturbine kann hingegen fast die gesamte Luft genutzt werden. Das erhöht nicht nur die Effizienz, sondern erleichtert auch die Abscheidung des Treibhausgases CO2. Darüber hinaus erlaubt GREENEST erstmals, wasserstoffhaltige Brennstoffe, die beispielsweise aus der Vergasung von Bioabfällen gewonnen werden, effizient und sauber zu verbrennen. Dadurch wird eine Energieversorgung ermöglicht, die gar kein CO2 mehr in die Atmosphäre freisetzt.
Erste Erfolge
Die ersten theoretisch ermittelten Ergebnisse haben gezeigt, dass eine solche Verbrennungsmethode praktikabel und in einem größeren Kontext anwendbar wäre. Auch über die Grenzen der universitären Forschung hinaus hat dies Anerkennung gefunden, wie besonders der RWE- Zukunftspreis für die Diplomarbeit von Sebastian Göke zeigt. Seine Arbeit fertigte er bei Professor Paschereit an. Dies ist nur ein Förderpreis unter mehreren anderen, die er als Nachwuchsakademiker bekommen hat. Die Verbrennungstests am Institut haben zum ersten Mal weltweit nachgewiesen, dass auch bei der Injektion von hohen Dampfmengen eine stabile Flamme im Verbrennungsprozess erhalten und ihr Verlöschen verhindert werden kann (Abb. 1). Damit sind die Bedenken gegen das Verfahren aus dem Weg geräumt. Außerdem wurde gezeigt, dass die Emissionen tatsächlich drastisch gesenkt werden können. Eine zukunftsweisende Technik Aufgrund des weltweit ansteigenden Energiebedarfs werden in Zukunft viele neue Kraftwerke entstehen. Sie werden neue CO2-Emissionen verursachen und damit die globale Erderwärmung noch weiter vorantreiben. Aufgrund der ehrgeizigen Klimaschutzziele in vielen Staaten werden Kohlekraftwerke mit ihren hohen CO2-Ausstößen in Zukunft deutliche Veränderungen durchlaufen müssen. An die Stelle der einfachen Verbrennung von Kohle treten Vergasungsprozesse, die wirtschaftlicher und ökologischer sind. Das Projekt GREENEST treibt die Entwicklung von Kraftwerken, deren Gasturbinen den Ansprüchen der Klimaschutzziele bezüglich der Kohlevergasung entsprechen müssen, entscheidend voran. Durch die nasse Verbrennung ist es möglich, die Emissionen giftiger Stickstoffverbindungen, sogenannte NOx-Emissionen, die beim Umwandeln von Gas in Energie entstehen, zu reduzieren. Bislang gibt es noch keine gut ausgeklügelte Methode, mit entstehendem CO2 umzugehen. Laut Weltklimarat ist die bisher einzig vielversprechende Methode die CCS-Methode (Carbon Capture and Storage). Bei diesem stark umstrittenen Verfahren wird das schädliche CO2 aus dem Abgas abgetrennt, verflüssigt, zusammengepresst und eingelagert. Die Gasturbinentechnologie von GREENEST zielt auch darauf ab, aus Rohstoffen wie z.B. Bioabfällen effizient Energie zu gewinnen. So entsteht von Anfang an kein neues CO2, das auf umständliche Weise gelagert werden müsste. Damit stellt das Projekt unzweifelhaft Weichen für die Zukunft.